Ungeklärte Haushaltslage: Hilfeschrei der Demokratiearbeiter (taz.de)
from Haven5341@feddit.de to dach@feddit.de on 12 Dec 2023 11:15
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Wegen der ungelösten Haushaltskrise stehen bei Förderprojekten Entlassungen und Kurzarbeit an. Auch das Demokratiefördergesetz kommt nicht voran. Eine ältere Person von hinten hält zwei Protestschilder

Es ist ein verzweifelter Hilferuf. Angesichts der unsicheren Haushaltslage wandten sich am Montag mehr als 30 Initiativen, die in der Demokratiearbeit tätig sind, in einem offenen Brief an die Bundesregierung, Die derzeitige Ausgabensperre habe für sie „dramatische Folgen“, erklärten sie. Habe diese Bestand, müssten viele Projekte Mitarbeitende entlassen. Einige über Jahre gewachsene Projekte müssten „für immer ihre Türen schließen“. Es drohe „das Sterben einer zivilgesellschaftlichen Landschaft“ – ausgerechnet in Zeiten, in der die Demokratie „so stark bedroht wie noch nie“ sei.

Weil die Ampel-Spitzen seit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil zum Haushalt noch keine Lösung für den Etat 2024 gefunden haben, hatte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) die Geförderten des Bundesprogramms „Demokratie ­leben!“ zuletzt informiert, dass diese fürs kommende Jahr keine neuen Zahlungsverpflichtungen eingehen dürften. Auch neue Projekte oder die Aufstockung von Maßnahmen seien vorerst nicht möglich. Mit dem Programm waren für 2024 bisher 180 Millionen Euro für rund 600 Initiativen vorgesehen.

Unter den Projekten hat das massive Unruhe ausgelöst. „Wir brauchen jetzt die sofortige Freigabe der Fördermittel“, heißt es in dem offenen Brief von Initiativen wie dem Antidiskriminierungsverband, dem Kinderhilfswerk, von ­HateAid, Opferberatungsstellen oder Ausstiegshilfen. Nur so könne die Weiterarbeit der Projekte gesichert werden.

Die unsichere Lage hat bereits jetzt Folgen. So erklärte Timo Reinfrank von der Amadeu Antonio Stiftung, dass alle Mitarbeitenden, deren Verträge zum Jahresende ausliefen, nicht weiter beschäftigt werden könnten. Für langfristig Beschäftigte werde geprüft, Kurzarbeitergeld zu beantragen – was „erhebliche Einkommensverluste“ zur Folge hätte. „Die Kol­le­g*in­nen sind völlig am Ende“, so Reinfrank zur taz. Zudem müssten alle Aktivitäten für das erste Quartal 2024 abgesagt werden. „Die Koalition könnte der AfD kein größeres Weihnachtsgeschenk machen.“

Auch Franz Zobel von der Thüringer Opferberatungsstelle ezra erklärt, die Arbeit seiner Initiative im schlimmsten Fall zum Jahresende ganz einstellen zu müssen. Die Entscheidung falle diese Woche. Eine psychosoziale Betreuung oder Prozessbegleitung von teils schwer traumatisierten Betroffenen müsse dann „von einem Tag auf den anderen abgebrochen werden“. Um das abzuwenden, brauche es zumindest die Erteilung eines „vorzeitigen Maßnahmenbeginns“.

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Demokratiefördergesetz soll nicht länger auf Eis liegen

In der SPD-Fraktion hieß es, man arbeite weiter auf eine baldige Verabschiedung hin. Das Gesetz sei angesichts der rechtsextremen Bedrohungen unerlässlich. Auch die Grüne Schahina Gambir sagte der taz, das Gesetz sei im Koalitionsvertrag vereinbart und „Demokratieförderung immer eine wichtige Aufgabe, in der derzeitigen Lage umso mehr“. Der Vorwurf, dass damit eine spezifische politische Agenda gefördert werde, sei angesichts von 600 Projekten „vollkommen unbegründet“.

#dach

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Haven5341@feddit.de on 12 Dec 2023 11:17 collapse

Das ist schon erschreckend, was für Folgen so ein Urteil haben kann. Erschreckend vor allem, weil wir sowieso in schwierigen Zeiten für die Demokratie stecken. Von den eventuellen persönlichen Folgen für die Beteiligten mal ganz abgesehen.