Afghanische Ortskräfte in Uganda: Vor den Taliban geflohen, von den Deutschen vergessen (www.spiegel.de)
from Haven5341@feddit.de to dach@feddit.de on 18 Mar 2024 17:34
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Als die Taliban die Macht in Kabul übernahmen, mussten Tausende Afghanen fliehen, darunter auch viele ehemalige Ortskräfte der Deutschen. Manche von ihnen sind in Afrika gestrandet – und von ihren ehemaligen Arbeitgebern bitter enttäuscht.

Ein Foto hängt über dem Wohnzimmertisch, es ist die einzige Dekoration in der kargen Wohnung. Akkurat gegelte Haare, Anzug, ein selbstsicheres Lächeln, so zeigt es Mohammad Nadeem. Es stammt aus einer Zeit, da hatte der 54-jährige ein großes Haus in Afghanistan, ein schickes Auto, teure Teppiche, er verdiente gut. Er arbeitete für die staatliche deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, kurz GIZ.

Er war Sicherheitsberater, der Mann fürs Grobe, hielt den weißen Besuchern aus Europa den Rücken frei. Nadeem hat mit Taliban verhandelt, hat ein Netzwerk aus Informanten unterhalten.

Der Nadeem, der hier am Tisch sitzt, sieht um Jahrzehnte älter aus. Er hat jetzt graue Haare und »Sorgenfalten«, wie er sagt. Er lebt nun in Kampala, Ugandas Hauptstadt, ohne Möbel, ohne Job, ohne Perspektive. Als die Taliban in Kabul einfielen, mussten Menschen wie Nadeem fliehen, sie galten als Kollaborateure des Westens, als Feinde des Landes. Doch eben jener Westen ließ sie im Stich, nur wenige Ortskräfte wurden evakuiert. Viele mussten sich selbst durchschlagen.

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»Keinen kümmert es, ob du stirbst, du bist schließlich nur Afghane. Am Ende waren es afrikanische Länder, die uns mit offenen Armen empfangen haben«, sagt Nadeem.

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»Ohne Leute wie Nadeem hätten die Schnösel von der GIZ in ihren Büros gar nix reißen können«, sagt Jürgen Schwarz, ein ehemaliger Kollege, mit dem Nadeem in Kabul zusammengearbeitet hat.

»Wir, die Deutschen, haben ihn ausgenutzt und damit seine Familie in Gefahr gebracht. Jetzt lassen wir ihn einfach hängen. Es ist so unglaublich beschämend«, sagt Eberhard Steffe, der damals Nadeems Vorgesetzter bei der GIZ war.

»Er war unersetzlich. Leute wie er haben das Risiko getragen, haben sich der Gefahr ausgesetzt«, sagt Oystein Larsen, ehemaliger Risiko-Management-Koordinator der GIZ im Norden Afghanistans.

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#dach

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