from thelucky8@beehaw.org to dach@feddit.org on 12 Jan 2025 11:34
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Dass Peking seine Wachstumszahlen frisiert, ist für China-Kenner ein offenes Geheimnis. Ein Experte, der den Betrug beim Namen nennt, wird dafür nun von Präsident Xi Jinping persönlich mundtot gemacht. Denn in Peking ist das nicht nur Majestätsbeleidigung.
Das, was Gao Shanwen vor Weihnachten in Washington offen aussprach, wissen Wirtschaftsforscher, Finanzanalysten und eigentlich alle, die sich mit Chinas Wirtschaft beschäftigen, schon lange. Gao, Chefvolkswirt der größten staatlichen Investmentholding SDIC, war zu einer gemeinsamen Konferenz des Peterson Institute of International Economics und eines chinesischen Thinktanks in die USA gereist. Und leistete dort eine Art ungewollten Offenbarungseid für die Volksrepublik: “Wir kennen die wahre Größe von Chinas echter Wachstumszahl nicht”, sagte Gao. “Meine eigene Vermutung ist, dass in den letzten zwei oder drei Jahren die echte Zahl im Schnitt bei ungefähr zwei Prozent gelegen haben könnte, obwohl die offizielle Zahl nahe fünf Prozent ist.”
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In China wird die Wahrheit über die wirtschaftliche und politische Lage von der Staatsführung festgelegt. Sie gibt am Ende des Jahres ein Wachstumsziel vor, das dann in schöner Regelmäßigkeit von der Wirtschaft des Landes bis fast auf die letzte Kommastelle erfüllt wird. Jedenfalls, wenn man den Statistikern im Reich der Mitte glauben mag. Gao hat die wichtigste Regel des real existierenden Staatskapitalismus verletzt: Die Partei hat immer recht. Vielmehr noch: Ihrem Mann an der Spitze, Präsident Xi Jinping, darf nicht widersprochen werden. Denn was Xi sagt, ist in China Gesetz.
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Dabei hat Gao nur ein offenes Geheimnis ausgesprochen. An Chinas offiziellen Wachstumsdaten gibt es schon seit Jahren erhebliche Zweifel. Immer wieder kommt der Verdacht auf, dass Peking die Zahlen gnadenlos frisiert. Analysten bezeichnen sie teilweise als “reine Fantasie”. Und stützen sich lieber auf Indikatoren, die nicht so leicht gefälscht werden können, wie etwa den Energieverbrauch, das Transportvolumen auf der Schiene oder die Kreditvergabe, um die reale Leistung einzuschätzen.
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Gao nährt Zweifel, ob Xi Krise in den Griff bekommt
Um den großen Crash abzubremsen, packt Chinas Präsident längst die ganz großen Konjunktur-Booster aus und verspricht eine “moderat lockere Geldpolitik” und “proaktive Fiskalpolitik”. In der bürokratischen Sprache von Pekings Apparatschiks heißt das: China ist entschlossen, die Krise so lange mit Geld zuzuschaufeln, bis sie vorbei ist. Das hat es seit der Finanzkrise 2008 im Reich der Mitte nicht mehr gegeben. Es ist das chinesische Pendant zu Mario Draghis “Whatever it takes”, mit dem der EZB-Chef 2012 gelobte, den Euro zu retten - koste es, was es wolle.
Doch die Frage ist, ob das diesmal reicht. Chinas Erzeugerpreise sind seit mehr als zwei Jahren im Sinkflug. Das Land steht am Rande einer gefährlichen Abwärtsspirale. Investoren fürchten längst die “Japanifizierung” des Riesenreichs: jahrzehntelange Flaute durch schwächelndes Wachstum und sinkende Preise, wie in den 90er und 2000er Jahren in Tokio.
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Chinas Präsident will die USA als größte Volkswirtschaft überholen und bis 2035 die Wirtschaftsleistung des Landes verdoppeln. Rechnerisch braucht er dafür knapp fünf Prozent Wachstum in den nächsten zehn Jahren. Xis gesamte politische Glaubwürdigkeit hängt deshalb an der Zahl, die Gao gewagt hat, infrage zu stellen. Auch wenn er dabei nur ausgesprochen hat, was die Welt längst weiß.
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